Lesung der Ambulanten Hospizdienste Rhein-Lahn rund um das Leben kam bestens an
Der Saal im G. u. I. Leifheit Kulturhaus in Nassau war mit Blumen und Lichtern geschmückt. Dazu erklang wunderschöne Klaviermusik. Das sorgte schon zu Beginn für eine Wohlfühlatmosphäre bei der Auftaktveranstaltung zum 30-jährigen Bestehen der Ambulanten Hospizdienste Rhein-Lahn. Die Lesung aus Literatur rund um das Leben kam bestens an.
Jennifer Ingmann und Sandra Eifler hatten alles perfekt vorbereitet und führten als Moderatorinnen souverän durch den Abend, der drei Stunden dauerte. Trotzdem hätte manch einer der Besucher gerne noch mehr gehört, denn die Textauswahl war exquisit und die Vorleser brachten schauspielerisches Talent zum Vorschein. So wurde der Abend zu einem Hörvergnügen. Nicht nur wegen der mal anspruchsvollen, mal heiter und besinnlichen Texte, sondern insbesondere auch wegen des wundervollen Klavierspiels von Noah Lindner (18) aus Koblenz. Er erfasste sehr einfühlsam das Gelesene und hatte dazu die passende Musik aus Romantik und Moderne u.a. von Chopin, Ludovico Einandi, Beethoven und Yiruma.
Über die Schönheit sinnierte der erste Text, den Jennifer Ingmann zu Gehör brachte. „Leben ist Schönheit in unverhüllter Form“. Sandra Eifler klärte auf, dass Sterbebegleiter eigentlich Lebensbegleiter sind, die für das Wohlbefinden der Menschen in ihrer letzten Zeit sorgen wollen. So laute das Motto des Vereins im Jubiläumsjahr „Lieben, leben, loslassen“. Sie las anschließend aus dem Kleinen Prinzen, seiner Begegnung mit dem Fuchs und der Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.
Für Heiterkeit sorgte Sascha Lucas mit Wolfgang Borcherts exzellent vorgetragener Geschichte vom kleinen Kellner. Die Pause bot Gelegenheit zu einem Getränk und dafür mit den Mitgliedern der Ambulanten Hospizdienste ins Gespräch zu kommen, wovon gerne Gebrauch gemacht wurde. Lob gab es dabei für das ehrenamtliche Engagement von den Frauen und Männern, die sich um Schwerstkranke und Sterbende kümmern.
Sabine Lucas zitierte aus einem Buch, in dem die Protagonistin sterben möchte, ein eher pessimistischer Text. Nicht weniger spannend die Geschichte von Funico und Goro aus „Bevor der Kaffee kalt wird“ von Tashikazu Kawaguchi, die Günter Soukup vortrug. Wie wäre es, wenn man die Vergangenheit zurückholen könnte und dann sagen, was man hätte sagen wollen? Voll die Sympathien auf ihrer Seite hatte die jüngste Vorleserin Matilda Ingmann. Zusammen mit ihrer Mutter trug die Neunjährige sehr schön die Geschichte einer Maus vor, die den Gesprächen in der Praxis einer Trauerbegleiterin lauscht und nach dem Tod der Maus-Großmutter feststellen muss, dass die schwerste Trauer die eigene ist.
Es folgte ein tiefgehender Text über das bevorstehende Sterben, einfühlsam gelesen von Gerhard Luhofer. Darin macht sich ein 18-Jähriger Gedanken über sein Ende und darüber, was er verpasst haben könnte. “Wartet nicht so lange damit zu werden, die ihr werden wolltet“. Humorig schließlich, was Sabine und Sascha Lucas vortrugen: Eine Kurzgeschichte, an deren Ende sich sein Hauptdarsteller damit abfindet, dass er eine gewisse Neigung zur Kahlköpfigkeit hat.
Bernd-Christoph Matern setzte mit seinem engagierten Vortrag der Zwillingsparabel den Schlusspunkt der Lesung. Zwillinge im Mutterleib fühlen sich wohl und fürchten, dass mit der Geburt alles zu Ende ist. Doch, was die danach sahen, übertraf ihre kühnsten Erwartungen.
Es folgen weitere Veranstaltungen zum 30-jährigen Vereinsjubiläum der Ambulanten Hospizdienste. Am 17. Mai ist ein Kunstworkshop in Bad Ems geplant. Am 29. Juni soll es ein offenes Sommersingen im Freiherr-vom Stein-Park in Nassau geben. vy
Bildunterschriften:
Das Lesungsteam (v.l.n.r.): Sascha Lucas, Sandra Eifler, Noah Lindner, Günter Soukup, Jennifer Ingmann, Bernd-Christoph Matern, Gerhard Luhofer, Sabine Lucas. Fotos: Christine Vary
Noah Lindner (19) gefiel mit seinem einfühlsamen Klavierspiel aus Romantik und Moderne.